Abentheuer - Hölzern, bürokratisch, typisch deutsch eben klingt der Begriff: Waldflurbereinigung. Doch trotz der hehren Ziele, die damit verbunden sind, verbergen sich hinter diesem Ausdruck auch Missgunst, Angst und jede Menge Streitpotenzial - wie das Beispiel "Unteres Trauntal" in der Verbandsgemeinde Birkenfeld zeigt.
In fünf Orten läuft derzeit die Vorplanung einer solchen Flurbereinigung. Knapp 1100 Hektar Wald sind betroffen; rund 800 Eigentümern gehören 8500 Flurstücke. Die Besitzzersplitterung ist vielen ein Dorn im Auge, Ordnung soll her. Die Mehrheit der Besitzer hat mehrere, oft kleine, nicht erschlossene Grundstücke. Bestes Beispiel: In Achtelsbach existiert eine Parzelle von 1000 Quadratmetern, die auf 55 Eigentümer aufgeteilt ist - ein Unding. Die Vorteile einer Bodenneuordnung liegen unter anderem in einer verbesserten Grundstücksform, einem besserem Wegenetz oder auch in der Einsparung von Arbeitszeit und Kosten.
So kann es nun also durchaus so kommen, dass ein Besitzer mit bisher fünf oder sechs kleinen Waldgrundstücken nach dem Verfahren an einer ganz anderen Stelle ein zusammenhängendes großes Gelände erhält. Dabei muss das neue Gebiet den gleichen Wert haben wie zuvor die kleinen Grundstücke; ansonsten müssen Ausgleichszahlungen geleistet werden.
Rückblick: In den 1960er-Jahren fand südwestlich von Birkenfeld die bislang letzte Bodenneuordnung statt. Immer wieder wurde eine Flurbereinigung angeregt, etwa Anfang der 1980er-Jahre von Ellweilers Ortsbürgermeister. 2006 wurde ein weiterer Versuch gestartet. Erste Information erhielten die Jagdgenossen, doch das Ansinnen scheiterte. Die Gemeinde Dambach war es, die im Dezember 2009 beim - noch solch eine hölzerne Vokabel - Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum (DLR) einen Antrag auf eine Projektbezogene Untersuchung stellte. Das ist das ganz normale Prozedere, Meckenbach, Ellweiler, Brücken und im März 2012 auch Achtelsbach folgten. Und so wurde das Verfahren ins Laufen gebracht.
Doch wo immer etwas gemacht, etwas verändert werden soll, gibt es auch Gegner. Und so ist es auch im Unteren Trauntal. Alsbald hat sich eine Interessengemeinschaft (IG) gebildet, die sich seit Frühjahr 2012 gegen die Waldflurbereinigung wehrt. Knapp 100 Unterschriften hat die IG gesammelt. Einer ihrer Sprecher - sein 1,5 Hektar großer Wald ist nach eigenen Angaben seit über 500 Jahren in Familienbesitz - bringt es auf den Punkt: "Wir wollen nicht mehr, wir wollen aber auch nicht weniger. Wir wollen nur das behalten, was wir haben." Es könne doch nicht sein, dass "einige wenige aus diesem Verfahren Vorteile ziehen und die anderen dafür gerade stehen müssen", ereifert er sich.
Aber ist das tatsächlich so? Das DLR geht den vorgeschriebenen Weg, heißt es aus der Behörde. 2012 wird eine Befragung durchgeführt, bei öffentlichen Informationsveranstaltungen in Ellweiler, Meckenbach und Achtelsbach - alle in diesem Frühjahr - werden die Eigentümer über Voraussetzungen, Ziele, Ablauf und Kosten informiert. Auf der Tagesordnung steht auch die sogenannte Akzeptanzabfrage. Erwartungsgemäß, so das DLR, habe diese Abfrage zu allerlei Diskussionen geführt.
Die Liste der Vorwürfe, von den Gegnern der Flurbereinigung ins Feld geführt, ist lang. Initiator der Flurbereinigung soll demnach ein Ortsbürgermeister mit vielen zerstückelten Grundstücken sein, der seinen Besitz geordnet sehen will. Da sollen konspirative Treffen der "Großgrundbesitzer" stattgefunden haben, in denen angeblich die weitere Marschroute besprochen wurde. Einladungsfristen zu den Versammlungen erfolgten nicht rechtzeitig. Die Nachteile der Flurbereinigung wurden nicht ausreichend gewürdigt. Außerdem wurden nicht alle Waldbesitzer angeschrieben, vorgelegte Vollmachten nicht akzeptiert, wird behauptet.
Warum aber wurden die Ergebnisse der Akzeptanz-Befragung aus dem Jahr 2012 tatsächlich nicht schon in den drei Versammlungen bekannt gegeben? Schnell werden wieder Mauscheleien vermutet. Doch wieder winkt das DLR ab. Alles musste noch einmal intensiv überprüft werden. Mehr als 200 Stimmen waren abgegeben worden, aber 22 - mehr als zehn Prozent - konnten nicht gewertet werden, das sie fehlerhaft waren oder doppelt abgegeben wurden. Darüber hinaus waren bei zahlreichen Stimmzetteln Nachfragen notwendig, weil in etlichen Fällen Kinder, Enkel und sogar Urenkel für ihre Vorfahren abgestimmt hatten. Die Namen auf den Stimmzetteln deckten sich deshalb nicht mit den Einträgen ins Grundbuch.
Letztendlich wurden 95 Jastimmen (50 Prozent aller Stimmen) mit 473 Hektar (65 Prozent der Fläche) gezählt. Neutral verhielten sich 15 Waldbesitzer (8 Prozent der Stimmen) mit 43 Hektar (6 Prozent der Fläche). Dagegen waren 81 Eigner (42 Prozent der Stimmen) mit 210 Hektar (29 Prozent der Fläche).
Jedoch sieht das Flurbereinigungsgesetz gar keine Abstimmung der Eigner vor. Die Akzeptanz der Grundstückseigentümer fließt aber stark in die Bewertung ein. Das Ergebnis dieser Akzeptanzfrage kann also nur ein Stimmungsbild darstellen.
Entschieden ist noch nichts. Die Ortsgemeinderäte müssen auch erst noch zustimmen. Im Winter will das DLR, sofern alle Voraussetzungen erfüllt sind, zur gesetzlichen vorgeschrieben Aufklärungsversammlung einladen. Hier wird nochmals über das Verfahren informiert. Und anschließend wird der Flurbereinigungsbeschluss erlassen. Erst mit diesem Beschluss ist das Flurbereinigungsverfahren eingeleitet. Wieder so eine hölzerne, bürokratische Formulierung. Aber die Gegner können ja noch Widerspruch einlegen.
Von unserem Redakteur Andreas Nitsch