Am Samstag störten auch ein paar Regentropfen nicht. Der zweite Festtag begann indes reichlich verregnet und trüb, was der Stimmung keinen Abbruch tat. Der Publikumsmagnet, der Handwerker- und Bauernmarkt, erhielt wieder tüchtig Konkurrenz. Nicht nur die Moritaten singende Schinderhannesbande stahl den Standbetreibern zeitweise die Schau, sondern auch Wahrsager, Puppenspieler, Märchenerzähler und Musikanten. Als „Spielleut auf der Schanz" zogen Ilse und Heribert Schmitt trommelnd und pfeifend durch die malerischen Gassen des mittelalterlichen Städtchens. Das Ehepaar aus Hainburg bei Seligenstadt tummelt sich seit mehr als 20 Jahren auf Märkten: mit alten Instrumenten wie Sackpfeife, Gämshorn, Tamburin, Schnurtrommel und natürlich Laute und Flöte. Ihr Hobby führte sie schon in mehrere europäische Länder und ließ sie in Herrstein auch den Sonntagsgottesdienst begleiten. Anderes fahrendes Volk, wie die Feuershowexperten „Hexe Beltana" oder die Akteure der „Dopo Domani" wirbelten zum Klang ihrer historischen Instrumente tanzend über die Rathausbühne und amüsierten mit Jonglage und Zaubertricks. Zwischen Theater und Gaukelei, Musik und Gesang lockten wiederum Händler und Handwerker. Gerhard Fahl aus Wadern führte das Stuhlflechten vor, Nico Runge aus Bruchsal das Schmieden und Spinnerin Dipali Dutta-Quaer das Nadelbinden, den Vorläufer des Strickens. Bei Carl Christian Rheinländer flogen jede Menge Späne. Der Heimweilerer behaut Axtstiele von Hand und fertigt Fliegenklatschen aus Holz an. Er liebt es, sein Hobby auf Märkten zu demonstrieren und sich über das Handwerk auszutauschen. Außerdem könne er so zeigen, dass Plastikgeräte auch umweltfreundlich und haltbar herstellbar seien. Wie er weckten Töpferinnen die Neugier. Sie ließen sich beim Modellieren und beim Raku-Brand in einem auf 1000 Grad erhitzten Ofen zuschauen. Ganz in der Nähe las Seherin Maritare aus Händen die Zukunft, und Walter Rath, der „Herr der Mäuse", amüsierte mit Plüsch-Ratte Raphael. Die Herzen von Kindern, die auch Bogenschießen und reiten konnten, flogen ihnen ebenso zu wie die von Älteren wie der Herrsteinerin Brigitte Lausberg-Weber oder Familie Bunjes aus Traben-Trarbach. Sie besuchen seit Jahren das Räuberfest. „Es ist immer sehr schön hier,und der Spießbraten ist lecker", lobten Marianne, Peter und Tochter Petra Bunjes. „Der Markt ist ein Erlebnis", brachte es Christa Reidenbach auf Punkt. Gisela und Reinhard Klos sowie Anette und Robert Haßdenteufel kommen immer wieder aus dem Saarland her. Das sei einfach mal etwas anderes als die üblichen Bauernmärkte: „Und dann das mittelalterliche Flair und das Ambiente – wunderschön". Eine Premiere beim Herrsteiner Räuberfest war der Auftritt der Gruppe „Filia" (Tochter) am Rathausplatz. Die vier Frauen stellten in kurzen Spielszenen berühmte Sponheimer Gräfinnen vor. Allen voran die kämpferische Loretta, gespielt von Silvia Kirchgeorg. Im 14. Jahrhundert hatte sie es gewagt, einem der mächtigsten Männer ihrer Zeit, Balduin von Trier (Siggi Schulte), Kurfürst und Erzbischof, die Stirn zu bieten. Mit dem Gastspiel in Herrstein kehrte die Herrin der Starkenburg bei Traben-Trarbach an einen früheren Wohnort zurück. Gesellschaft leisteten ihr die Sponheimer Nonne Jutta von Sponheim (Eveline Mehler), berühmt als Lehrerin der Hildegard von Bingen, und Gräfin Elisabeth von Kastellaun, gespielt von Brigitte Nikolai. Die Gruppe Filia fand über ein von der EU gefördertes Gästeführerinnen-Programm zusammen, das sich auf spannende Art der umfangreichen Frauengeschichte der Hunsrück-Region widmete.
Von Ursula Schmieder
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