Idar-Oberstein - Mit dem in diesem Jahr zum neunten Mal veranstalteten Symposium "SchmuckDenken" wird an der in Idar-Oberstein angesiedelten Fachrichtung Edelsteine und Schmuck der Hochschule Trier der ambitionierte Versuch unternommen, eine Theorie des Schmucks zu entwickeln. Seit 2005 treffen sich an zwei Tagen im Mai jeweils um die 100 Schmuckschaffende, aber auch Kultur-, Gesellschafts- oder Geschichtswissenschaftler, um dem Wesen des Schmucks auf die Spur zu kommen.
Vor zwei Jahren wurde ein Reader herausgegeben, in dem wichtige Beiträge der ersten sechs Jahre "SchmuckDenken" zusammengefasst sind, eine weitere Publikation mit ersten Zusammenfassungen der Ergebnisse ist für das kommende Jahr geplant.
In diesem Jahr stand das Symposium unter dem Thema "Am Ende des Fortschritts? - Handlungsperspektiven am Ende des Wachstums", bei dem im Zeitalter einer immer höher drehenden Verschwendungsökonomie auch der Schmuck in gewissen Kreise immer protziger, luxuriöser und teurer wird - und damit das Wesen des Schmucks konterkariert. Das ist zumindest die These von Willi Lindemann, dem Leiter und Erfinder von "SchmuckDenken", der in seinem Einführungsvortrag Schmuck eher als Kultur- denn als Luxusgut definiert wissen will.
"Auch wenn historisch bereits in vielfältiger Weise wertvolle Materialien wie edle Metalle oder edle Steine im Schmuck Anwendung fanden, so stand dabei selten der materielle Wert der Materialien im Vordergrund, sondern deren symbolische Bedeutung in religiösen oder sozialen Kontexten", so Lindemann in seinen Ausführungen.
Diese These sieht Lindemann auch in den Ausstellungen, die "SchmuckDenken" in diesem Jahr begleiten, bestätigt. In der Villa Bengel sind unter dem Titel "Golden Years" Arbeiten des Niederländers Robert Smit ausgestellt, der als einer der Pioniere des modernen Autorenschmucks gilt. "Diese Arbeiten aus fünf Jahrzehnten zeigen einen repräsentativen Querschnitt durch das Werk Smits, der sicher zu den ganz Großen unter den lebenden Schmuckkünstlern zählt", erläutert Professor Theo Smeets. Interessant bei Smit ist, dass er zwar mit edlen Materialien, vor allem Gold, arbeitet, aber dies häufig durch spezielle Formen der Verarbeitung verschleiert. Auch kommen die unter Sammlern hoch gehandelten Arbeiten in der Regel mit sehr wenig Material aus, was den Vorteil hat, dass auch große und voluminös erscheinende Arbeiten nur wenige Gramm wiegen und dadurch bequem zu tragen sind. "Bei Smit zeigt sich deutlich, dass der eigentliche Wert von Schmuck nur wenig mit seinem Materialwert zu tun, sondern seinen Wert aus seinem Gehalt als Kunstwerk bezieht", betont Lindemann.
Noch radikaler verzichtet der Idar-Obersteiner Edelsteindesigner Dieter Lorenz auf wertvolle Materialien. Er verwendet für seine sehr häufig mit Überraschungseffekten und Paradoxien spielenden Arbeiten relativ billige Steine wie Achat oder Onyx. Die Ausstellung in den Räumen der Hochschule sieht Lindemann als Beleg für die ungewöhnliche Position, die Lorenz unter den Edelsteingestaltern einnimmt. "Er realisiert in seinen Arbeiten völlig eigenständige Visionen und löst sich dabei oft radikal von den Vorgaben des Materials."
Wie frei moderne Schmuckschaffende sowohl in der Wahl des Materials als auch im unkonventionellen Umgang mit ihnen sind, zeigt die vierte Ausgabe der Reihe "nsaio" (Neuer Schmuck aus Idar-Oberstein), die ebenfalls in den Räumen der Hochschule zu sehen ist.
Von unserem Reporter Jörg Staiber
- Alle drei Ausstellungen sind noch bis zum 21. Juni geöffnet.