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Erlebnistherapie in der KJPP: Eigene Stärken stehen im Fokus

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Erlebnistherapie in der Kinder- und Jugendpsychiatrie (KJPP) am Klinikum Idar-Oberstein ist ein zentraler Baustein einer kreativen und innovativen Therapiemethode - eingebunden in ein umfassendes Behandlungskonzept, erläutert Andrea Dixius, Leitende Psychologin an der KJPP. Schwerpunkte im Rahmen der Erlebnistherapie sind Klettern, Kanufahren, Hochseilgarten, Teilnahme an der Waldgruppe und weitere Outdooraktivitäten. Neben den regelmäßig stattfinden erlebnistherapeutischen Gruppen werden auch erlebnistherapeutische Intensivmaßnahmen organisiert: zum Beispiel mehrtägige Projekte wie Kanutouren oder Kletterausflüge.

Die Expertin erklärt Hintergründe: "Ausgehend von den Annahmen der ,Experimental Education', dass jeder Veränderung eine neue Erfahrung vorausgeht, bietet die Erlebnistherapie ein vielfältiges Spektrum erlebnis- und handlungsorientierten Lernens. Erlebnistherapie unterscheidet sich insofern wesentlich von traditionellen, vornehmlich kognitiv ausgerichteten Therapieansätzen." Wieder in Kontakt treten mit den eigenen Stärken, Fähigkeiten und Ressourcen, das Lernen durch eigenes Erleben, metaphorisches Lernen, das seien die wesentlichen Grundannahmen der Erlebnistherapie. Entscheidend sei das Initiieren von Prozessen, in denen die Kinder und Jugendlichen und mitunter auch ihre Familienmitglieder Wissen, Fertigkeiten und Werte durch unmittelbare Erfahrung erwerben: "Unmittelbare Erfahrung meint, dass die Kinder und Jugendlichen in ihrem ganzheitlichen Erleben - intellektuell, emotional, sozial und körperlich - einbezogen sind." Durch die ganzheitliche Ansprache der Person werde ein Gefühl von authentischem Lernen vermittelt, was den Transfer des Gelernten in Alltagssituationen erheblich erleichtert und fördert.

Als therapeutisch eingesetztes Medium lasse sich der Fokus der Beobachtung auf die kommunikativen und interaktiven Prozesse der Handelnden während der Aktion legen: "Unsere bisherigen Erfahrungen zeigen, dass sich die jeweiligen Kommunikations- und Interaktionsmuster eines Einzelnen, einer Gruppe, einer Familie in Kürze und für alle Beteiligten unmittelbar erlebt abbilden und dadurch zugänglich werden."

Dabei ließen sich die unmittelbar gemachten Erfahrungen der Teilnehmer und die Außensicht der Therapeuten reflektieren. Über das eigene Erleben und die damit verbundenen Möglichkeit des Erfahrungslernen könne sich ein neuer Rahmen zur Bearbeitung ganz elementarer psychotherapeutischer Themen wie etwa Trauen und Vertrauen, Abhängigkeit gegenüber Unabhängigkeit, eigene Grenzen, Selbstwert und Isolation gegenüber Geborgenheit gestalten.

Die Grundlagen der Erlebnistherapie der KJPP Idar-Oberstein:

  • Erlebnistherapie ist ressourcenorientiert: Es geht darum, vorhandene Stärken wahrzunehmen, zugänglich zu machen und zu fördern, neue, korrigierende Erfahrungen zu initialisieren. Ziele sind: Stärken des Selbstwertgefühls, Förderung von Selbstaktualisierungstendenzen und Vitalisierungsprozessen, soziale Verantwortung zu stärken, eigene Grenzen zu erleben.
  • Die Situationen sind handlungs- und erlebensorientiert. Erfahrungen sind direkt und unmittelbar spürbar und wirken auf innerpsychische Prozesse.
  • Erlebnistherapie eröffnet die Möglichkeit eines anderen therapeutischen Zugangs zu Kindern/Jugendlichen, Gruppen und Familien. Die Therapeuten werden als konkret handelnde Personen wahrgenommen, Interaktionen werden unmittelbar erlebt.
  • Die therapeutischen Aufgabenstellungen sind prozessorientiert. Erzielte Veränderungen auf der Verhaltensebene wirken sich auf der Ebene innerpsychischer Prozesse aus. Erlebte eigene Handlungskompetenz verändert zum Beispiel die Selbstwahrnehmung der Teilnehmer.
  • Die jeweilige Herausforderung wird von den Kindern- und Jugendlichen bestimmt. Das bedeutet, dass der Grad des Einlassens auf eine Aufgabenstellung selbstbestimmt ist. Denn Selbstbestimmung und Auseinandersetzung mit den eigenen Grenzen führen dazu, dass die dabei gemachten Erfahrung selbst erzeugt und zur eigenen Person gehörig empfunden werden, berichtet Andrea Dixius.
  • Im Rahmen der Erlebnistherapie wird unter anderem auch mit Ritualen und Strukturen gearbeitet, diese sind Halt gebend und sorgen für Identität.
  • Soziales Lernen in der Gruppe ermöglicht die Reflexion eigener und fremder Verhaltensweisen und das Korrigieren alter Muster zugunsten neuer entwicklungsfördernder Verhaltensweisen. Verantwortung für sich selbst und die Gruppe werden spürbar und unterstützen Selbstwahrnehmungsprozesse.
  • Reflexion dient dazu, das Erlebte besser einordnen zu können und einen Transfer zum eigen Lebensalltag der Teilnehmer herzustellen.
  • Die Angebote organisiert das Team der KJPP unter der Regie von Andrea Dixius und Chefärztin Prof. Dr. Eva Möhler. Beide beobachten, dass die Angebote bei den jungen Akteuren sehr gut ankommen und sich Fortschritte in der Therapie zeigen. Und Spaß machen soll das Ganze natürlich auch.

Von unserer Redakteurin Vera Müller

 


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