Kreis Birkenfeld/Mainz - Auf den Schienen der Region brechen noch in diesem Jahr neue Zeiten an. Die Weichen dafür werden bereits jetzt gestellt - sowohl beim Material als auch beim Personal. Ab 14. Dezember übernimmt das Unternehmen DNSW (Dieselnetz Südwest) mehrere Bahnstrecken in der Region, darunter die Nahestrecke von Mainz über Bad Kreuznach und Kirn nach Saarbrücken und die Strecke Mainz-Alzey-Kirchheimbolanden.
Von unserer Mitarbeiterin Silke Jungbluth-Sepp
Beide Linien werden ab diesem Tag ausschließlich von Zügen des Privatbahnbetreibers bedient, wie DNSW-Vertriebsleiter Christian Siemer berichtet. Außerdem übernimmt die DNSW einzelne Fahrten zwischen Mainz und Kaiserslautern, Mainz und Worms sowie zwischen Koblenz, Mainz und Frankfurt. Das Unternehmen hatte sich im März 2012 in einer Ausschreibung gegen den bisherigen Betreiber der Nahe-Strecke, die Deutsche Bahn, und weitere Mitbewerber durchgesetzt und den Zuschlag für die Strecken bekommen - für die nächsten 22 Jahre.
Lokführer dringend gesucht
Gemeinsam mit der Mainzer Agentur für Arbeit hat DNSW eine groß angelegte Personalrekrutierungsaktion gestartet. Rund 120 Lokführer will das Unternehmen bis Ende des Jahres einstellen. Wer die Qualifikation als Triebfahrzeugführer nicht mitbringt, wird in neunmonatigen Kursen für die Aufgabe fit gemacht. Schon seit Mitte 2013 suchen Arbeitsagentur und Bahnbetreiber in Informationsveranstaltungen geeignete Kandidaten, die künftig Nahverkehrszüge steuern sollen.
Um pünktlich mit dem Betrieb starten zu können, braucht es außer dem Personal Züge und eine eigene Werkstatt, die in Mainz gebaut wird. Alles in allem werden laut Siemer rund 300 Millionen Euro in das Projekt investiert.
Die neuen Züge sind beim Bahnhersteller Alstom schon im Bau: "Wir haben insgesamt 63 Fahrzeuge bestellt", sagt Siemer. Sie sollen ab Sommer zu ersten Testfahrten durch die Region rollen. Damit sie das können, braucht es die Männer und Frauen im Führerhaus. 50 angehende Lokführer hat das Unternehmen bereits gefunden. Ihre Ausbildung endet im Sommer. Bis Jahresende sollen 70 weitere folgen.
"Ausgebildete Lokführer gibt es kaum auf dem Arbeitsmarkt", weiß Siemer. Kein Wunder, fehlt doch selbst der Deutschen Bahn Personal im Führerstand. Also sucht die DNSW nicht nur mit Anzeigen und auf ihrer Homepage nach Lokführern, sondern auch gemeinsam mit der Arbeitsagentur nach Interessenten für die Ausbildung, die die Mannheimer Eisenbahnverkehrsgesellschaft durchführt. "Die Bewerber müssen eine abgeschlossene Berufsausbildung und technische Grundkenntnisse haben", beschreibt Siemer. Denn sie sollten in der Lage sein, die von Elektronik geprägte Bahntechnik zu verstehen und zu bedienen.
Weitere Voraussetzungen für den verantwortungsvollen Job sind körperliche und psychische Fitness, Belastbarkeit und Stressresistenz. "Es gab Kandidaten, die an den Gesundheitsprüfungen gescheitert sind", weiß Heiko Wöll, Teamleiter Arbeitgeberservice der Agentur für Arbeit in Mainz.
Gleichwohl ist die Offerte der DNSW aus Sicht der Arbeitsagentur eine Chance für zahlreiche Arbeitslose - auch ältere. "Es gibt sehr viele Zugangsmöglichkeiten", so Wöll. "Man muss nicht unbedingt Kfz-Mechaniker oder Elektriker sein." Auch aus anderen Handwerks- oder Industrieberufen sei der Umstieg problemlos möglich. Wöll und sein Team erleben meist eine überraschte Reaktion, wenn sie mit diesem Vorschlag kommen, sagt er. Aber oft eine positive. Denn Lokführer sei für viele immer "ein kleiner Jungentraum" geblieben. Bezahlt werden die künftigen Lokführer nach dem Branchentarifvertrag für Privatbahnen, der laut Siemer mit den Konditionen bei der Deutschen Bahn vergleichbar ist. "Wir müssen ordentlich bezahlen, sonst bekommen wir niemanden", betont er.
70 neue Fahrgastbetreuer
Lokführer sind nicht die einzigen Mitarbeiter, die die DNSW für den Zugbetrieb braucht. Auch rund 70 Fahrgastbetreuer sollen bis zum Betriebsbeginn eingestellt werden. "Da beginnen wir im April mit der Personalsuche", so Siemer. Auch hier ist die Arbeitsagentur als Partner dabei. Gute Chancen dürften hier beispielsweise Menschen aus der Hotel- und Gaststättenbranche, dem Einzelhandel und anderen Dienstleitungssparten haben, glaubt Wöll. "Wichtig ist die Servicementalität.".
Alles in allem will die DNSW bis Dezember 230 Mitarbeiter an Bord haben - von den Lokführern über die Werkstattmechaniker bis zur Verwaltung.