Idar-Oberstein - Für drei Jahre und neun Monate ins Gefängnis muss ein 51-Jähriger, weil er seine frühere Freundin im vergangenen Jahr auf bestialische Weise folterte und vergewaltigte. Das Amtsgericht Idar-Oberstein hält den Angeklagten für voll schuldfähig.
Von unserem Redakteur Andreas Nitsch
Was grausam endete, hatte für die heute 50-Jährige Idar-Obersteinerin hoffnungsvoll begonnen. Sie wünschte sich eine harmonische Partnerschaft, wollte ein ruhiges, gesichertes Leben führen. Vor fast vier Jahren antwortete sie auf eine Zeitungsannonce, lernte einen Mann kennen, der kaum älter war als sie und ebenfalls in der Schmuckstadt lebte.
Man war sich sympathisch, begann eine Beziehung und zog schließlich zusammen. Träume wurden gesponnen, sogar vom Auswandern nach Spanien war die Rede. Doch im Oktober 2012 entpuppte sich der gelernte Maler von einem Tag auf den anderen als wahres Monster.
In der Sitzung des Schöffengerichts am Amtsgericht Idar-Oberstein bestätigen sich die ungeheuerlichen Vorwürfe der Staatsanwaltschaft Bad Kreuznach. Demnach gibt der Mann seiner damaligen Lebensgefährtin am frühen Abend starke Schlaftabletten in den Tee. Er will sie widerstandsunfähig machen, um dann, wie die Staatsanwältin in ihrem Plädoyer scharf ausführt, „seine sexuellen Perversionen ausleben zu können“. Bei dieser „sexuellen Folter“ fügt er der Frau extreme Schmerzen zu.
Unsagbare Qualen
Der 50-Jährigen wird schummrig, alles verschwimmt, sie will sich hinlegen. Mit Mühe schafft sie es noch zum Bett, dann setzt die Erinnerung aus. Der Beschuldigte schnürt der Wehrlosen mit einer Art Springseil beide Brüste derart fest ab, sodass sie auf das Zwei- bis Dreifache anschwellen.
Zudem setzt er mehrere Glaskolben und Pumpvorrichtungen ein und quält sie damit, besonders erniedrigende Vergewaltigungen folgen. Immer wieder – im Abstand von Stunden – erwacht die Frau wegen der unsagbaren Schmerzen aus ihrem komaähnlichen Zustand, doch wehren oder gar ihren Peiniger von seinem Tun abbringen vermag sie nicht.
Als die Frau nun im Gerichtssaal 117 über ihr Martyrium berichtet, bricht sie immer wieder in Tränen aus. „Ich wollte schreien, aber es kam kein Ton heraus“, erklärt sie verzweifelt dem Gericht. Die Qualen stehen ihr noch heute ins Gesicht geschrieben.
Eine Bekannte beschreibt den einst „netten, lieben, herzlichen Menschen“, den sie 2010 kennengelernt hat, nun als „immer nervös, stets zitternd, ängstlich, sich nirgendwo wohl oder sicher fühlend“. Eine Traumatherapie, die der Frau dringend angeraten wurde, kann sie erst im Herbst beginnen.
„Guten Morgen, mein Schatz“
Die qualvolle Tortur dauert die ganze Nacht an. Erst am Morgen kommt die Frau langsam zu sich, merkt, dass dies „kein böser Traum“ gewesen ist. Der 51-Jährige ist zu diesem Zeitpunkt nicht im gemeinsamen Schlafzimmer. Später kommt er herein und begrüßt sie gut gelaunt mit den Worten „Guten Morgen, mein Schatz!“.
Mit den Vorwürfen konfrontiert, raunzt er sie an: „Du spinnst doch!“ Erst später gibt er die schreckliche Tat zu, spricht erst von Selbstmord, dann von Hochzeit, „wenn wir das alles überstanden haben“. Das Opfer ist wie paralysiert. „Ich habe gar nicht mehr existiert. Nur mein Körper war noch da“, berichtet die geschundene Frau. Erst knapp eine Woche später, als sich der Mann in die Psychiatrie begibt, geht sie zur Polizei. Auf die Frage von Amtsrichter Johannes Pfeifer, warum nicht schon früher, antwortet sie: „Ich konnte mich nicht rühren.“
Verschiedene medizinische Gutachter stützen die Aussagen der Frau in allen Punkten. Dem Täter wird zudem volle Schuldfähigkeit bescheinigt. Die Staatsanwältin fordert vier Jahre Haft, die Anwältin des Angeklagten meint, es sei mit zwei zur Bewährung ausgesetzten Jahren getan.
Das sieht das Gericht anders und schickt den 51-Jährigen für drei Jahre und neun Monate ins Gefängnis. Ob das Opfer die grausamen Taten in dieser Zeit verarbeitet haben wird, erscheint zumindest sehr fraglich.