Langweiler/Mainz - Viele haben daran mitgewirkt, dass der Abstimmungsmarathon zum Nationalpark mit einem solch überwältigenden Ergebnis endete. Aber wohl keiner hat bisher so viele Stunden in das Projekt investiert wie Dr. Harald Egidi, der Koordinator im Umweltministerium. Deshalb freut ihn das eindeutige Votum besonders - und auch, dass es gelungen ist, "das Thema weitestgehend aus der Parteipolitik rauszuhalten".
Von Kurt Knaudt
Für ihn ist das "ein toller Erfolg", der Nationalpark im westlichen Hunsrück schon jetzt "ein großartiges Gemeinschaftswerk". Wie erklärt er sich diese Bilanz innerhalb von nur zwei Jahren? "Wir waren ganz nah an der Basis. Das war der Schlüssel", meint Egidi hinsichtlich der in Art und Umfang landesweit bisher einzigartigen Bürgerbeteiligung. Er schätzt, dass sich summa summarum um die 1000 Menschen aus der Region mit diesem Projekt beschäftigt haben. Mit den meisten von ihnen hat er Gespräche geführt, mit vielen mehrfach. "Reden, reden, reden", fasst er seine Aufgabenstellung in der Region lapidar zusammen. Den Menschen nichts vormachen, offen und ehrlich argumentieren und auf Augenhöhe diskutieren: So hat er sich in zwei Jahren viel Vertrauen und Respekt erworben. Auch Gegner des Nationalparks schätzen Egidis unaufgeregte, ruhige, sachliche Art und seine Kompetenz. Vermutlich deswegen blieben ihm auch bei einigen turbulenten Veranstaltungen persönliche Angriffe erspart. Ein weiterer Vorteil des Forstexperten: Er kennt die Region und den größten Teil des zukünftigen Schutzgebiets.
Die Liebe zur Hunsrück-Landschaft war von Anfang an im Spiel
Für den gebürtigen Siegerländer ist der Nationalpark deshalb in doppelter Hinsicht eine Herzensangelegenheit: Er steht nicht nur als Mitarbeiter des Ministeriums und Diplom-Forstwirt, sondern auch privat voll hinter dem Vorhaben. "Man muss das Thema leben", sagt er. Das bedeutet, dass er oft mit Gedanken an den Nationalpark zu Bett geht und morgens wieder damit aufwacht. Obwohl der frühere Leiter des 2003 aufgelösten Forstamtes Kempfeld schon seit damals im Umweltministerium als Referent für Forstliche Nachhaltigkeit und Umweltvorsorge zuständig ist, wohnt er mit seiner Frau nach wie vor in Langweiler - im gemieteten Forsthaus direkt am Waldrand, wo auch die beiden inzwischen erwachsenen Kinder groß geworden sind. "Wir fühlen uns hier total wohl."
Dafür nimmt der Forstbeamte, der in München und Zürich studiert hat, einiges in Kauf: Er steht jeden Tag um 5 Uhr auf und fährt mit dem 6.48-Uhr-Zug von Idar-Oberstein in die Landeshauptstadt. Wenn es abends mal wieder spät geworden ist, schläft er eben morgens im Abteil. Der 52-Jährige liebt die Hunsrück-Landschaft. Bevor er sich einst als Leiter des Forstamts Kempfeld bewarb, schaute er sich mit seiner Frau erst die Umgebung an: "Die Wälder hier haben mich gleich fasziniert." Die Neigung dazu ist ihm sozusagen in die Wiege gelegt worden: In der Familie Egidi gibt es mehrere mit dem gleichen Gen, die sich wie der Nationalpark-Koordinator von der Natur auch beruflich angezogen fühlten. Harald Egidi zieht die Ruhe der hektischen Betriebsamkeit in der Stadt vor.
Nur zu hohe Erwartungen machen ein wenig Sorgen
Dabei reizt ihn auch das Extreme: So meisterte er im vorigen Jahr in neun Tagen den West Coast Trail in Kanada - eines der letzten großen Abenteuer: 70 Kilometer quer durch die Wildnis. Gelassen reagiert er darauf, dass in der laufenden Diskussion in der Region der Naturschutz eher eine Nebenrolle gespielt hat: Wenn die Ziele durch die Verbindung mit der Regionalentwicklung erreicht werden, "ist das völlig in Ordnung".
Er mahnt aber, dass dies ein Prozess ist und "es keinen Schalter gibt, der von heute auf morgen umgelegt werden kann". Etwas Sorgen macht ihm die hohe Erwartungshaltung. Die an den Nationalpark geknüpfte Wunschliste der Ortsgemeinden enthält sogar einen Kunstrasenplatz und einen Löschhubschrauber. Nicht alles wird in Erfüllung gehen. Aber Egidi versichert, "dass wir das Mögliche möglich machen und versuchen, für alle Herausforderungen und Probleme Lösungen zu finden". Vom ÖPNV bis hin zu sozialen Bedingungen: "Der Nationalpark kann auf vielen Ebenen helfen, zumindest Verbesserungen anzustoßen." Elementar ist für ihn dabei, dass alle Behörden und Ministerien bei diesem Projekt an einem Strang ziehen.
"Es hat sich gelohnt", lautet das Resümee seines bisherigen Einsatzes. Jetzt aber freut er sich erst mal auf ein paar ruhige Tage, in denen er abschalten und auftanken kann. Und dann? "Ich bin froh, dass wir dann mit der eigentlichen inhaltlichen Arbeit beginnen können." Wichtig ist für ihn dabei, dass die Bürger weiter beteiligt und die Arbeitskreise weiter geführt werden: Denn alles entscheidend sei, "dass die Menschen in der Region das Projekt als ihren Nationalpark ansehen". Dazu könne auch die Umweltbildung viel beitragen. Schon jetzt haben Schulen und Kindergärten signalisiert, dass sie mitmachen wollen. Für Egidi selbst gilt trotz vieler aufreibender Diskussionen und anstrengender Arbeitsstunden ohne Wenn und Aber: "Einen Nationalpark mitgestalten zu können, ist etwas Einmaliges."