Kreis Birkenfeld - Wenige Tage, bevor endgültig feststand, dass der Nationalpark Hunsrück kommen wird, beschloss der Verbandsgemeinderat Birkenfeld einstimmig den Austritt aus der Naheland Touristik (NLT) zum 31. Dezember 2014 - mit der Begründung, die Fremdenverkehrswerbung müsse künftig anders ausgerichtet werden, die NLT mit Sitz in Kirn setze zu sehr auf die untere Nahe und Themen wie Wein und Bäder. Wir haben bei den anderen Gebietskörperschaften im Kreis nachgehört, wie dies dort eingeschätzt wird.
Von unseren Reportern
Uwe Weber, Bürgermeister der VG Herrstein: "Ich verstehe die Entscheidung der Birkenfelder so, dass man hier einen Anstoß geben will, damit sich alle Beteiligten mal an einen Tisch setzen und die Problematik auch auf politischer Ebene geklärt wird."
"Derzeit gibt es keine Überlegungen, aus der Naheland-Touristik auszutreten", erklärt der Idar-Obersteiner Oberbürgermeister Bruno Zimmer. Zwar habe es immer auch Kritikpunkte gegenüber deren Arbeit gegeben, die seien aber nie grundsätzlicher Natur gewesen, als dass man an einen Ausstieg gedacht habe. "Mit der Einrichtung des Nationalparks verändert sich die touristische Situation der Region allerdings", betont Zimmer. "Da muss eine gemeinsame Strategie zur Vermarktung entwickelt werden."
Die Verbandsgemeinde Baumholder sieht über Verbleib oder Austritt in der Naheland-Touristik keinen Diskussionsbedarf, sagt VG-Bürgermeister Peter Lang: "Wir bezweifeln den Nutzen nicht, die Zusammenarbeit ist gut." Über den von der NLT veranstalteten Wandererlebnistag beispielsweise ließen sich die Traumschleifen der Region gut vermarkten. Darüber hinaus ist der VG Baumholder seit 2005 auch Mitglied im Tourismuszweckverband Kusel. Die so angebotenen Gesamtpakete mit Draisinentouren am Wochenende erweisen sich besonders für das Baumholderer Hotelgewerbe als nützlich. "Wegen unserer Lage haben wir uns für zwei Verbände entschieden und fahren damit gut." Lang kann sich vorstellen, dass es wegen des Nationalparks und des geplanten Regionalmanagements in naher Zukunft Überlegungen über einen neuen Zuschnitt geben wird, doch das müsse sich erst entwickeln. "Unter den derzeitigen Bedingungen sind wir bei der Naheland Touristik gut aufgehoben."
"Bei uns gibt es keinerlei Tendenzen für einen Austritt. Man sollte die Naheland Touristik nicht wegwerfen, sondern neu und anders aufstellen", betont Herbert Wichter, Erster Beigeordneter der VG Rhaunen, in Vertretung von VG-Chef Georg Dräger. Es habe durchaus auch schon kritische Stimmen gegeben, aber zurzeit sei das Ganze schlicht kein Thema.
Auch Landrat Dr. Matthias Schneider hält den Birkenfelder Beschluss für einen "Schnellschuss". Sicher müssten zur Gründung des Nationalparks noch viele Fragen geklärt werden, "aber ein Ausstieg zum jetzigen Zeitpunkt ist voreilig". Schneider schwebt eine Vermarktung der Nationalpark-Region mit der NLT und weiteren Partnern wie der Hunsrück-Touristik vor: "Da sind neue Wege gefragt, sicher."
Darin ist sich Schneider mit seinem Kreuznacher Amtskollegen Franz-Josef Diel einig: "Ich kann das überhaupt nicht verstehen. Es war doch immer schon klar: Für einen touristischen Erfolg des kommenden Nationalparks, ob im Soonwald oder im Hunsrück, braucht man eine gute Vermarktung im Rhein-Main-Gebiet. Wir haben so eine tolle Bahnverbindung, die bis zur Eröffnung des Nationalparks noch attraktiver wird - mit späteren Fahrten am Abend und mehr Möglichkeiten der Fahrradverladung im Sommer. Wir arbeiten doch an diesen Dingen..." Das Nationalpark-Projekt sei doch eine regionale Angelegenheit, mahnt Diel: "Mit Kirchturmdenken gewinnen wir da doch keinen Blumentopf." Wein, Bäder, Römer-Kultur - das sei doch eine ideale Ergänzung zu Edelsteinen, Mineralien, Fossilien und jetzt Walderlebnis: "Je mehr Attraktionen wir im Umfeld haben, umso besser für alle - auch für den Nationalpark."
Birkenfelds Verbandsbürgermeister Bernhard Alscher beklagt vor allem die Höhe der von der VG zu zahlenden Beiträge, die durch die Übernachtungszahlen im Ferienpark Hambachtal verursacht werden: Birkenfeld muss jährlich mehr als 10 000 Euro aufbringen und ist damit zweitgrößter Zahler der NLT GmbH. Tourismus sei eine freiwillige Aufgabe der Kommunen, angesichts der Finanznöte dürfe man da durchaus auch mal ans Streichen gehen.