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Kupferdiebstahl: Milde Urteile für zwei geständige Helfer

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Idar-Oberstein - In Fußfesseln werden die beiden Angeklagten am Donnerstagvormittag in den Sitzungssaal des Amtsgericht geführt, am Abend können beide - zumindest vorläufig - zurück zu ihren Familien ins Ruhrgebiet.

Von unserem Reporter Michael Fenstermacher

Für die Beteiligung am Diebstahl von mehr als fünf Tonnen Kupfer im Wert von rund 50 000 Euro vom Hof einer Firma in Idar-Oberstein verurteilte das Schöffengericht unter Vorsitz von Richter Johannes Pfeifer sie zu Freiheitsstrafen. Dorinel K. (42) erhält ein Jahr und neun Monaten auf Bewährung, Georghe J. (43, Namen von der Red. geändert) zwei Jahre ohne Bewährung, allerdings unter Aussetzung des Haftbefehls. Beide Männer hatten zuvor mehr als ein Jahr lang in Untersuchungshaft gesessen.

Die angesichts der wertvollen Beute - und einschlägiger Vorstrafen im Fall des J. - recht milden Urteile erkaufen sich die Rumänen nicht nur, indem sie sich voll geständig zeigen. Sie identifizieren außerdem auf Fotos Mittäter, geben Auskunft über Hintergründe des Handels mit geklautem Metall und liefern der Staatsanwaltschaft Ansätze für neue Ermittlungen zu den Hintermännern des Einbruchs.

Rückblick: In den frühen Morgenstunden des 29. Juni 2012 verübt eine Gruppe von mehr als zehn Personen den ersten von zwei Einbrüchen bei der Firma Türkis in Oberstein binnen zwei Wochen. Die beiden Angeklagten sind als Fahrer für den Abtransport der Beute in zwei Ford Transit angeheuert worden. Doch schon an der Aral-Tankstelle in Weierbach ist der Coup weitgehend gescheitert. Die Polizei, die noch nicht über den Einbruch informiert ist, will die Insassen eines der beiden Kleinbusse kontrollieren. K., der am Steuer sitzt, springt aus dem Auto und flieht in ein angrenzendes Waldstück, er wird aber später verhaftet.

J. gelingt es, über die Autobahn ins niederländische Venlo zu gelangen, wo er die Beute zu Geld machen soll. Dort jedoch schöpfen niederländische Zollbeamte Verdacht, beschlagnahmen den Transporter samt Inhalt. J. kommt zunächst frei, wird aber ebenfalls später festgenommen.

Vor Gericht versichern beide Angeklagte, nur Helfer bei der Tatausführung gewesen zu sein, das genaue Ziel der Beutefahrt nicht gekannt zu haben. J. wurden demnach 500 Euro, K. 200 bis 300 Euro für ihre jeweiligen Dienste geboten, als zwei Brüderpaare sie am Tag vor der Tat in einem Park in Duisburg, einem Treffpunkt ihrer ethnischen Minderheit, ansprechen.

Mehrfach bittet Richter Pfeifer die Angeklagten zu sich, damit sie auf Bildern der Überwachungskameras der Firma Türkis und der Aral-Tankstelle Mittäter identifizieren. Sie halten sich dabei nicht zurück. Wie Staatsanwalt Dr. Claus Nils Leimbrock bestätigt, ist dank ihrer Aussagen erwiesen, dass Beteiligte des zweiten Einbruchs bei Türkis Mitte Juli 2012 bereits bei der ersten Tat dabei waren. Diese bereits zu Haftstrafen verurteilten Männer müssen sich nun auf eine längere Zeit hinter Gittern einstellen. Von Richter und Staatsanwalt werden die Angeklagten für ihre Aufklärungshilfe gelobt, die laut Pfeifer "intrakulturelle Sanktionen" nach sich ziehen könnte. Außerhalb des Saals wird ein Prozessbeteiligter deutlicher: "Die kriegen den Arsch voll."

Von Richter Pfeifer befragt, erklärt J. zudem bereitwillig, warum er die Beute nach Holland bringen sollte, statt sie in Deutschland zu verkaufen. "Wenn Leute, die so dunkel sind wie wir, in Deutschland mit einer großen Menge Kupfer auf einen Schrottplatz kommen, rufen die gleich die Polizei." In den Niederlanden seien außerdem höhere Preise zu erzielen. Dennoch hätte der Weiterverkauf der gesamte Beute kaum mehr als 25 000 Euro eingebracht.

Begonnen hatte die Verhandlung morgens mit einiger Verzögerung. Staatsanwalt Leimbrock hatte die Polizei in den Gerichtssaal bestellt, weil er in einem der Zuschauer, einem Sohn des Dorinel K., einen Verdächtigen aus dem Überwachungsvideo der Tankstelle zu erkennen glaubte. Der junge Mann wurde daraufhin auf der Wache in Idar-Oberstein erkennungsdienstlich behandelt.

Halb sieben Uhr abends ist es dagegen schon, als das Gericht sein Urteil spricht, dass für K. harte Meldeauflagen vorsieht. Der Familienvater verzichtet auf Rechtsmittel. Georghe J. muss sich unverzüglich am Wohnsitz seiner Schwester anmelden. Aus Sicht von Richter Pfeifer könnte eine Berufungsverhandlung in seinem Fall durchaus ebenfalls mit Bewährung enden, falls sich seine Angaben als richtig erweisen sollten.


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