Von unserem Redakteur Klaus-Peter Müller
Die Ausstellungsvitrinen haben Mitglieder des Deutsch-Russischen Vereins bestückt: Fotos und Dokumente, aber auch alte Bücher und andere Utensilien aus dem persönlichen Besitz von Spätaussiedlern, die in Birkenfeld eine neue Heimat gefunden haben, sind ebenso zu sehen wie Exponate, die vom Stolz auf die eigene deutsche Geschichte, aber auch vom hierzulande erlangten Wohlstand und sozialem Aufstieg zeugen.
"Wer bin ich? Wo kam ich her? Was schleppe ich an Geschichte mit mir herum?" - für Landrat Dr. Matthias Schneider drei beherrschende Fragen einer Spätaussiedlerexistenz. Antworten gibt die Wanderausstellung, die vom Bundesinnenministerium, dem Bundesamt für Migration sowie der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland auf den Weg gebracht wurde. Zum zweiten Mal ist man zu Gast in Birkenfeld, landesweit eine der größten deutsch-russischen Enklaven. Da war es kein Problem, einen Akkordeonspieler wie Konrad Doll zu finden, der mit russischen Weisen den Ausstellungsauftakt umrahmte.
Musikalische Auflockerung konnte die Prozedur gebrauchen. Fast eine schulische Doppelstunde referierte Jakob Fischer, der einst mit seinem Lehrerkollegen Josef Schleicher das Projekt ins Leben rief: Definition eines Spätaussiedlers, Auswanderer- und Zuwandererströme, Siedlungsräume und schließlich russisch-deutsche Geschichte im Schnelldurchgang.
Ein Manifest der Zarin Katharina, mit dem diese 1769 deutsche Bauern und Handwerker einlud, ihr bei der Befriedung und Erschließung von eroberten Gebieten dienlich zu sein, setzte einige Zehntausend in Bewegung 'gen Osten. 35 Hektar eigenes Land, zudem Befreiung von Steuern und Militärdienst lockten. Die Siedler waren respektiert und geachtet, brachten es sogar zu einer eigenen Republik im Wolgaland. Mit Hitlers Kriegserklärung an Russland begann unter Stalin die Verfolgung der deutschen Bevölkerung. Sie wurden nach Sibirien vertrieben, in die abgelegensten Ecken der Republik deportiert, mussten in Straflagern Zwangsarbeit leisten, wurden ermordet, verhungerten.
"Fast ein Exodus" nennt Fischer die Woge der Übersiedler, die Mitte der 1990er-Jahren deutsche Wiedervereinigung und Niedergang der Sowjetunion auslösten. Nicht ohne Stolz zeigt die Ausstellung reihenweise deutsche Promis, die jenseits des Urals geboren wurde, wirbt mit Schlagersängerin Helene Fischer, Bundespräsident Horst Köhler und "Miss Germany" Elena Schmidt. Und versucht zumindest mit zwei, drei der Vorurteile aufzuräumen, die auch nach zwei Jahrzehnten noch existieren.