Bad Kreuznach - Vom Vorwurf der Vergewaltigung sprach das Kreuznacher Landgericht einen 58 Jahre alten Mann aus Idar-Oberstein frei, verurteilte ihn aber wegen Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr, die allerdings zur Bewährung ausgesetzt wurde. Als Auflage muss er unter anderem 1500 Euro an das Kreuznacher Frauenhaus zahlen.
Mehrfach soll der Angeklagte seine vierte Ehefrau brutal vergewaltigt haben (die NZ berichtete). Während sieben Verhandlungstagen versuchte die II. Große Strafkammer unter Vorsitz von Richter Dr. Bruno Kremer herauszufinden, inwieweit die Vorwürfe der Anklage zutreffend waren.
Eine Sachverständige stellte dabei in ihrem psychologischen Gutachten über die Aussagetüchtigkeit der Frau erhebliche Widersprüche fest. "Widersprüche, Ungenauigkeiten in den Aussagen und auch vermengte Inhalte seien so eklatant, dass eine Verurteilung damit nicht vereinbar ist", stellte Kremer in seiner mündlichen Urteilsbegründung fest.
Die Kammer sei sich aber bewusst, dass die Ehe nicht gut verlaufen sei und die Frau Einiges habe mitmachen müssen. "Aber wir leben in einem Rechtsstaat, und das Gericht hat die Aufgabe aufzuklären. Können wir das nicht zu 100 Prozent, so müssen wir im Zweifel für den Angeklagten urteilen." Die Gesellschaft müsse damit leben können, wenn ein Schuldiger nicht verurteilt werde, aber könne nicht damit leben, wenn ein Unschuldiger verurteilt wird, so Kremer.
Die drei Körperverletzungsdelikte beging der Angeklagte an seiner Frau, seiner Tochter und dem Sohn. So soll er den zur Tatzeit 14-Jährigen mit einer Holzlatte verprügelt haben, weil der sich angeblich an der Gartenarbeit nicht beteiligen wollte. Die Staatsanwaltschaft hatte eine Freiheitsstrafe von 14 Monaten beantragt.
Als deutlich wurde, dass die Vorwürfe der Vergewaltigung nicht haltbar waren, legte der Angeklagte, nach einem Rechtsgespräch aller Prozessbeteiligten, über seinen Verteidiger ein Geständnis ab, in dem er die Körperverletzungen zugab. Um einem Angeklagten aber trotz eines erfolgreichen Rechtsgespräches die Möglichkeit zu geben, beispielsweise sein Geständnis zu überdenken, dürfen laut Strafprozessordnung Verteidigung und Staatsanwaltschaft nach Urteilsverkündung keine Erklärungen abgeben, ob die Entscheidung des Gerichts angenommen wird. Erst wenn die einwöchige Frist, in der Revision eingelegt werden kann, verstrichen ist, wird das Urteil rechtskräftig. Rolf Müller