Als die Patientin über starke Schmerzen klagte, stellte er zudem eine falsche Diagnose und ließ die Spitze weiter im Zahnfleisch. Und am Ende bestritt er in der juristischen Auseinandersetzung jede Verantwortung und beharrte darauf, richtig gehandelt zu haben. Dem folgte das Gericht allerdings nicht und verurteilte den Mann zu 8000 Euro Schmerzensgeld sowie zur Übernahme der Folgebehandlungskosten in Höhe von rund 1300 Euro und der Anwaltskosten der Klägerin.
Auch für Rechtsanwalt Alexander Burger, der die Geschädigte vor der 3. Zivilkammer des Landgerichts Bad Kreuznach vertrat, war das kein alltäglicher Fall. "Eine solche Unverfrorenheit wie seitens des beklagten Arztes habe ich noch nie erlebt", schüttelt er den Kopf. "Die gesamte Beweislage und auch jegliche Erfahrung, wie ein Patient mit starken Schmerzen in einer solchen Situation handelt, haben gegen ihn gesprochen. Trotzdem hielt er an seiner völlig unglaubwürdigen Darstellung fest." Auch das Gericht sah das eigentliche Malheur weniger in dem Abbruch der Instrumentenspitze, die bei den filigranen Zahnarztinstrumenten vorkommen könne, sondern im anschließenden unsachgemäßen Umgang mit dem Vorfall, der seiner Patientin mehr als ein Jahr lang heftige Schmerzen bereitete.
Der Leidensweg begann damit, dass ihr im November 2009 eine Füllung aus Zahn Nummer 16, also einem Backenzahn im Oberkiefer, herausfiel. Sie suchte den Zahnarzt auf, der den Zahn ausbohrte und eine Kunststofffüllung einbrachte, wobei er eine kariöse Entzündung am Zahn feststellte. Einen Monat später suchte sie wegen Schmerzen in dem betroffenen Zahn erneut den Dentisten auf. Der führte zunächst eine Behandlung an drei Wurzeln durch, bei einer weiteren Sitzung im Januar 2010 wurden die Wurzeln dann gefüllt. Bei dieser Behandlung brach in einem zum Gaumen hin gerichteten Wurzelkanal eine Instrumentenspitze ab, die aus der Wurzel etwa zwei bis drei Millimeter ins Gewebe hineinragte. Der Arzt nahm anschließend auch eine Rötgenuntersuchung vor, auf der die Metallspitze auch deutlich zu sehen war, informierte die Patientin aber nicht darüber.
In den folgenden Wochen und Monaten verspürte die Frau immer wieder Druckschmerzen im Zahn. Der Arzt beruhigte sie und meinte, das ginge mit dem Einsetzen eines Fiberglasstiftes und der endgültigen Füllung vorbei. Im Juni 2010 wurde die Kunststofffüllung durch einen Fiberglasstift ersetzt, doch die Schmerzen blieben, dehnten sich sogar noch auf den Bereich der rechten Schulter aus. Im Dezember 2010 wurde das Zahnfleisch dick, die Schmerzen wurden immer größer. Im Dezember ging die Frau zum Notdienst des Krankenhauses, die rechte Wange und das dortige Zahnfleisch waren stark angeschwollen. Man diagnostizierte eine Nasennebenhöhlenentzündung. Eine Behandlung mit Antibiotika brachte aber keine Besserung. Erst als sie im Januar 2011 einen Mund, Kiefer- und Gesichtsspezialisten aufsucht, wird nach einer Röntgenaufnahme die Ursache der Schmerzen deutlich.
Von unserem Reporter Jörg Staiber