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Mit Geschick am Ofen Glasperlen herstellen

Bundenbach/Kirn-Land - Ein Kettenhemd herstellen, wie es die Ritter im Mittelalter trugen, kochen wie die Steinzeitmenschen oder ein original fränkisches Fachwerk nachbauen: Das und noch viel mehr konnte ausprobieren, wer das Treffen der Hobbyarchäologen am vergangenen Wochenende auf der Schmidtburg besuchte. Fast drei Tage lang wurde rund um die Ruine gespielt und experimentiert. Eingeladen hatte zum 16. Mal der Archäologie-Verein Arrata.

Freitagabend ging es schon los mit der Reise in die Vergangenheit: In der Dunkelheit ließen die Geschichtsfreunde eine Feuerschleuder durch die Luft sauen, eine sogenannte Blide. Sie war eine große und sehr präzise Wurfwaffe unter den mittelalterlichen Belagerungsgeräten. Die Mitglieder von Arrata haben sie als kleineres Modell nachgebaut und gegen die Felswand geschossen: Ein gelungener, weil stimmungsvoller Einstieg in ein Wochenende voller Rätsel, voller kleiner und großer Wunder der Geschichte.

80 bis 90 Camper sowie Tagesgäste, darunter auch 20 Kinder, reisten aus dem Kreisgebiet, den Nachbarregionen und aus angrenzenden Bundesländern an. In Bundenbach konnten sie nachahmen, wie bei den Steinzeitmenschen Gemüsesuppe gekocht wurde und wie das Bierbrauen im Mittelalter vor sich ging, wie die Römer Lampen in Serie herstellten und Glasperlen fertigten.

"Unser Treffen hat ja mittlerweile eine gewisse Tradition", sagt Wolfgang Welker, ausgebildeter Grabungstechniker und Archäologe, der heute als Lehrer tätig ist. Er als Vorsitzender und Gründer von Arrata blickt gern auf Studentenzeiten zurück, in denen Arrata, der "Verein für fachübergreifende und angewandte Archäologie", seine Wurzeln hat. Begonnen hat nämlich alles mit Geburtstagspartys der besonderen Art, gern veranstaltet unter freiem Hunsrücker Himmel. "Wir haben immer ein kleines Kulturprogramm eingebaut", berichtet er. Experimentieren und Ausprobieren hieß es also schon damals. Nach und nach entstanden daraus die Archäologietage, bei denen Welker vor allem der Erlebnis-Charakter wichtig ist. "Es geht uns nicht darum, wie bei einem Mittelaltermarkt Produkte aus diesem Zeitalter anzubieten", macht er deutlich. Vielmehr sollen geschichtliche Arbeitsprozesse nachempfunden werden, selbst wenn nicht alles, was an Werkzeugen zum Einsatz kommt, auch aus der jeweiligen Epoche stammt.

Spannend war es jedenfalls nicht nur für diejenigen, die die Projekte anboten, sondern auch für die Besucher. So erlebten sie beispielsweise, wie man Seife siedet. "Oh, die fühlt sich ja an wie Creme", sagte ein Besucher überrascht beim Händewaschen. Zusammen mit Arrata-Gründungsmitglied Marco Scheffranski übten die Teilnehmer auch, wie man Feuer "bohrt" - und erfahren, dass das gar nicht so leicht ist, sondern Geduld und Fingerspitzengefühl erfordert. Oder die Gäste kochten zusammen am Steinzeitofen, ein mit Blättern ausgelegtes Loch im Boden mit Suppe darin, die mit heißen Steinen erhitzt wird. Arrata-Mitglied Jörg Bläsing übte sich zudem darin, Bier im Holzbottich zu brauen wie die Mönche im Mittelalter, und stellte dabei fest, dass zu viel Hitze verloren ging. Auch er brachte die Temperatur mit heißen Steinen zum Steigen und rührte mit einer Suppenkelle neueren Datums um.

Von unserer Redakteurin Cordula Kabasch


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